Chinas drittes Plenum beschließt neue Strategie zur wirtschaftlichen Entwicklung

19.07.2024

Das dritte Plenum des 20. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) ging am 18. Juli zu Ende. Das mit Spannung erwartete Treffen des Führungsgremiums der KPCh, das sich auf die Wirtschaft konzentrierte, unterstrich Pekings Engagement für ein auf Technologie ausgerichtetes Wachstum.

In einem Kommuniqué, das am Ende der Sitzung herausgegeben wurde, bekräftigte China sein Bekenntnis zu einer „neuen Entwicklungsphilosophie“, die sich auf eine „qualitativ hochwertige wirtschaftliche Entwicklung“ konzentriert, die durch „allumfassende Innovation“ angetrieben wird. Die KPCh versucht, sich von der früheren Betonung des „rohen Wachstums“ abzuwenden, das in der Vergangenheit durch weniger nachhaltige Infrastrukturinvestitionen angetrieben wurde. Heute sollen Schlüsseltechnologien die Grundlage für eine neue Ära des Wachstums bilden. Weiter heißt es, dass „Bildung, Wissenschaft und Technologie sowie Talente als grundlegende und strategische Basis für die chinesische Modernisierung dienen“.

Insgesamt bestätigte das dritte Plenum erwartungsgemäß den derzeitigen Kurs Chinas unter Xi Jinpings „Neuer Ära“, bei der es darum geht: „…die Rolle des Marktes zu nutzen, ein faireres und dynamischeres Marktumfeld zu fördern und die Ressourcenallokation so effizient und produktiv wie möglich zu gestalten“. Das Kommuniqué machte deutlich, dass die KPCh „Marktbeschränkungen aufheben und gleichzeitig für eine wirksame Regulierung sorgen“ wird -  die Vergangenheit lässt vermuten, dass Letzteres weiterhin eine entscheidende Rolle spielen wird.

Ebenso wurde zugesagt, sich mit der seit langem bestehenden Tatsache zu befassen, dass staatliche Unternehmen weitaus leichteren Zugang zu Krediten, Land und rechtlichem Schutz haben als ihre privaten Konkurrenten – die Umsetzung dürfte hierbei entscheidend sein. Im Kommuniqué heißt es, Chinas Führung werde „sicherstellen, dass Wirtschaftseinheiten aller Eigentumsformen im Einklang mit dem Gesetz gleichen Zugang zu Produktionsfaktoren haben, auf dem Markt gleichberechtigt konkurrieren und durch das Gesetz als Gleiche geschützt werden“. Angesichts der deutlichen Anzeichen dafür, dass im letzten Jahrzehnt Privatunternehmen vergleichsweise weniger gut gestellt waren als in der Zeit davor, werden chinesische Unternehmer diese Aussage jedoch mit Vorsicht genießen.

Ein weiterer Bereich, der für die Wirtschaft von großem Interesse ist, sind Chinas Finanz- und Steuersysteme. Einige auf China spezialisierte Ökonomen sind seit längerem der Ansicht, dass Chinas Steuersystem, die lokalen Provinzregierungen mit finanziellen Verpflichtungen stärker belastet, während ein Großteil der Steuereinnahmen ins Zentrum fließt und somit eine der Hauptursachen für die Verschuldung der lokalen Regierungen und damit verbundene Probleme darstellt. Die KPCh ist sich der Problematik zunehmend bewusst und verweist auf „koordinierte Reformen in den Bereichen Steuern, Finanzen und anderen wichtigen Sektoren“.

Darüber hinaus versprach das Kommuniqué, ohne näher darauf einzugehen, „verschiedene Maßnahmen zur Vorbeugung und Entschärfung von Risiken in den Bereichen Immobilien, Verschuldung lokaler Gebietskörperschaften, kleine und mittlere Finanzinstitute und andere Schlüsselbereiche“ umzusetzen. Weitere Einzelheiten werden in den kommenden Tagen folgen.

In diesem Sinne lässt sich zusammenfassen, dass die Pläne, die aus dem dritten Plenum hervorgehen, sind, „den Fortschritt zu verfolgen und gleichzeitig die Stabilität zu gewährleisten“. In einem Kontext, in dem die KPCh „Stabilität“ mit Kontrolle in Verbindung setzt, besteht das Risiko eines Konflikts zwischen wirtschaftlichem Fortschritt und „Stabilität“. In einem solchen Konflikt würde im Zweifel die „Stabilität“ das priorisierte Ziel darstellen – ähnlich wie es während der Zero-Covid-Politik Chinas deutlich wurde.

Wie im Kommuniqué ebenfalls klargestellt wird, „sind die übergeordneten Ziele der weiteren umfassenden Vertiefung der Reformen die Verbesserung und Entwicklung des Systems des Sozialismus mit chinesischen Merkmalen und die Modernisierung des chinesischen Systems sowie der Fähigkeit zur Staatsführung“. Somit lieg die Priorität Pekings nicht ausschließlich bei der wirtschaftlichen Entwicklung, sondern ebenfalls in der Festigung der Grundlage für die Fortführung des derzeitigen chinesischen Systems, bei der Wirtschaft und Staatsführung eng miteinander verbunden sind.

Das dritte Plenum des 20. Zentralkomitees der KPCh bekräftigte Pekings Engagement für technologieorientiertes Wachstum und eine neue Entwicklungsphilosophie. Die Betonung lag auf qualitativ hochwertiger wirtschaftlicher Entwicklung durch umfassende Innovation. Während die KPCh ihre Rolle als regulierende Instanz beibehält, verspricht sie gleichzeitig, Marktbeschränkungen zu lockern und Chancengleichheit für alle Wirtschaftsakteure zu fördern. Die Herausforderungen in den Bereichen Immobilien, lokale Verschuldung und Finanzsysteme wurden anerkannt, wobei die Zukunft zeigen wird mit welchem Grad an Engagement und unter Einsatz welcher Instrumente die KPCh diese Probleme lösen will und kann. Die übergeordnete Priorität aller Handlungen der Partei bleibt der Erhalt der Stabilität und der Sicherstellung der politischen Kontrolle über das Land. Die wirtschaftliche Entwicklung wird im Zweifel darunter leiden müssen.