6. OAV Young Leaders Jahreskonferenz bei Porsche
Am 23. September 2016 war es wieder soweit: Der Ostasiatische Verein veranstaltete die 6. OAV Young Leaders Jahreskonferenz - dieses Mal im Porsche Museum in Stuttgart. Dort trafen sich rund 100 asieninteressierte Nachwuchsführungskräfte aus Wirtschaft und Diplomatie zum Erfahrungsaustausch über aktuelle Themen in der Region Asien-Pazifik.
23-09-2016Als zentrales Netzwerk-Event für die OAV Young Leaders bietet die OAV Young Leaders Jahreskonferenz eine optimale Gelegenheit zum branchenübergreifenden Austausch untereinander sowie mit erfahrenen Wirtschaftsvertretern und regionalen Experten auf Augenhöhe. Die diesjährige Ganztageskonferenz setzte sich zusammen aus Vorträgen sowie einer Diskussionsrunde. Für etwas Abwechslung sorgten die interaktiven Workshops sowie eine Museumsführung durch die Unternehmensgeschichte von Porsche.
Nach der Eröffnung durch Timo Prekop, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des OAV, begrüßte Herr Dr. Oliver Blume, Vorstandsvorsitzender der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, die OAV Young Leaders und brachte ihnen die Porsche AG sowie die Perspektiven in Asien aus Sicht des Unternehmens näher. Das Zitat vom Sohn des Porsche-Gründers, Ferry Porsche, beeindruckte die Zuhörer: „Am Anfang schaute ich mich um, konnte aber den Wagen, von dem ich träumte, nicht finden. Also beschloss ich, ihn mir selbst zu bauen.“. Als ebenso inspirierend wurde Porsches ehrliche wie selbstbewusste Eigenwahrnehmung empfunden: „Wir bauen Autos, die keiner braucht, aber jeder haben will.“. In der Unternehmenspräsentation ging Herr Dr. Blume insbesondere auf die asiatischen Märke und Porsches jeweilige Absatzzahlen ein. Hierbei nimmt die Volksrepublik China als größter Abnehmer die wichtigste Rolle ein. Abgerundet wurde der Vortrag durch die Vorstellung von strategisch wichtigen Projekten und Themenfeldern des Konzerns. Insbesondere die Forschung und Entwicklung im Bereich der E-Mobilität wird in der Zukunft eine Schlüsselrolle für Porsche einnehmen.
Anschließend wurde die ASEAN-Region thematisiert, die sich, neben China und Indien, seit einiger Zeit als dritter Wachstumspool in der Region Asien-Pazifik herauskristallisiert. Die Vereinigung von zehn sehr unterschiedlichen südostasiatischen Staaten hat in den letzten Jahren eine weitere Vertiefung der wirtschaftlichen Integration zwischen den Mitgliedsstaaten vorangetrieben und versucht sich durch eine Vielzahl von Freihandelsabkommen vorteilhaft im Geflecht des Welthandels zu positionieren. I.E. Melita S. Sta. Maria-Thomeczek, Botschafterin der Republik der Philippinen in der Bundesrepublik Deutschland, sprach als Vertreterin der ASEAN-Staaten zu den Young Leaders über die Vorteile und Chancen eines unternehmerischen Engagements in der Region, vor allem im Hinblick auf die Anfang des Jahres in Kraft getretene ASEAN Economic Community (AEC). Die Botschafterin betonte die Wichtigkeit dieser Wirtschaftsgemeinschaft und erläuterte die Vorteile, welche sich aus ihrer Sicht für ausländische Investoren ergeben würden.
Nach der Gelegenheit zum persönlichen Austausch in der Pause übernahm Herr Peter Köhler, Redakteur beim Handelsblatt, im zweiten Teil der Konferenz die Moderation und leitete auf die Impulsstatements von Frau Dr.-Ing. Renate Neumann-Schäfer, Managing Director (CFO) der Putzmeister Holding GmbH, sowie Herrn Dr.-Ing. Mathias Kammüller, OAV-Präsidiumsmitglied und geschäftsführender Gesellschafter der TRUMPF GmbH + Co. KG, über. Frau Dr. Neumann-Schäfer berichtete den Young Leaders von ihren Erfahrungen bei der Fusion des deutschen Betonpumpenherstellers mit dem chinesischen Baumaschinenhersteller SANY Heavy Industry Co. Ltd. und ging dabei insbesondere auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in einem deutsch-chinesischen Konzern ein. Herr Dr. Kammüller hingegen erzählte von seinen persönlichen Erfahrungen mit Asien und insbesondere mit China, die er als Unternehmer bei der Akquisition des chinesischen Konkurrenten JFY sammelte. Eine besondere Herausforderung stellten die Verhandlungen mit den 80 Eigentümern dar.
Beide Vorträge konnten in der von Herrn Köhler geleiteten Paneldiskussion „Cross-Border Investments – Unternehmen auf dem Einkaufszettel“ inhaltlich weiter vertieft werden. Neben Frau Dr. Neumann-Schäfer und Herrn Dr. Kammüller trug Herr Dirk Nawe, Partner bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, als dritter Panelteilnehmer seine Erfahrungen aus dem Beratungsalltag bei. Auf die Frage, ob es sich bei Übernahmen und Beteiligungen zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen um eine Einbahnstraße zugunsten der Volksrepublik handelt, bestätigte Herr Nawe, dass die Aktivitäten sehr viel stärker von chinesischer Seite ausgehen, wobei im ersten Halbjahr 2016 eine besonders intensive Transaktionsdynamik zu beobachten war. Entscheidend sei bei diesen Übernahmen meist die Höhe des offerierten Preises, hier seien chinesische Interessenten häufig zu sehr attraktiven Angeboten bereit. Auch lasse sich auf chinesischer Seite eine zunehmende Professionalisierung registrieren, weshalb mit weiteren Übernahmen zu rechnen sei. Auf der anderen Seite würden deutsche Beteiligungen an chinesischen Unternehmen nur sehr moderat zunehmen.
Herr Dr. Kammüller erwähnte, dass insgesamt M&As eine nicht zu unterschätzende Herausforderung seien, bei der es entscheidend darauf ankommt, einen passenden Partner ausfindig zu machen. Man sollte diese unternehmerische Expansionsoption durchaus anstreben, aber unbedingt auf eine gute Vorbereitung achten. Nach der Wahrnehmung von Frau Dr. Neumann-Schäfer befindet sich China weiter auf dem Weg der Öffnung und räumt der Privatwirtschaft größere Spielräume ein. Dennoch bleibt es weiter wichtig, Netzwerke zu den relevanten Behörden aufzubauen. Essentiell in China sei es, Transparenz darüber zu haben, wer der tatsächliche Eigentümer eines Unternehmens ist. Was das eingangs konstatierte Ungleichgewicht zwischen Deutschland und China bei der Anzahl der Akquisitionen anbelangt, waren sich alle Referenten einig, dass die deutschen Unternehmen nicht von ihren Standards, speziell beim Thema Compliance, abweichen sollten – es sei eher so, dass sich die chinesische Seite stärker an deutschen Normen orientieren müsse.
In jedem Fall sollte aber der kulturelle Faktor bei Kooperationen nicht unterschätzt werden. Einen Unterschied gibt es beispielsweise bei der Vorbereitung von Transkationen, bei der die Due Diligence auf deutscher Seite vorwiegend auf Basis von digitalen Informationen vorgenommen wird, während auf chinesischer Seite in der Regel physische Vermögensgegenstände und Fertigungsanlagen in Augenschein genommen werden. Da in China offizielle Daten oft mit Vorsicht zu genießen sind, wurde deutschen Investoren eine tendenzielle Übernahme dieses Ansatzes empfohlen. Das Problem des Abflusses von Patenten und Geschäftsgeheimnissen könne maßgeblich reduziert werden, indem die einzelnen Firmenteile strikt voneinander getrennt werden und ein Zugriff auf das heimische Hard-Netzwerk ausgeschlossen wird. Als Gesamtfazit wurde festgehalten, dass chinesische Investoren Europa trotz aller Probleme im Detail guttun und man gezielt an den genannten Herausforderungen arbeiten sollte, damit sich für beide Seiten ein langfristiger Mehrwert ergibt.
In den beiden anschließenden Workshops konnten die Young Leaders ihr Wissen interaktiv einbringen und mit erfahrenen Experten zum einen über die Wahrscheinlichkeiten verschiedener Szenarien in der zukünftigen Entwicklung Chinas und den daraus resultierenden Strategien für deutsche Unternehmen diskutieren, zum anderen wurde das richtige Verhalten im Asiengeschäft erörtert.
Der Workshop „China 2030: Szenarien und Strategien für deutsche Unternehmen“ wurde durch Bernhard Bartsch, Senior Expert Programme Germany and Asia, Bertelsmann Stiftung, geleitet. China befindet sich in einer Phase der strukturellen Umbrüche: Der Wirtschaft droht eine harte Landung, die gesellschaftlichen Spannungen wachsen und die Konflikte mit den Nachbarstaaten spitzen sich zu. Wie gut oder schlecht China diese Transformation gelingt, wird weltweite Auswirkungen haben, besonders auf Deutschland. Im Workshop wurde unter den Teilnehmern diskutiert, welche Entwicklungen in China bis zum Jahr 2030 möglich sind und welche Strategien jeweils abgeleitet werden können. Abgerundet wurde der Workshop durch eine interaktive Umfrage, in der die jeweils eigene Einschätzung mit globalen Umfrageergebnissen abgeglichen wurde.
Im zweiten Workshop des Tages mit dem Titel „Fettnäpfchenrallye oder souveräner Parcour im Asiengeschäft“ sprach Frau Dr. Hanne Seelmann-Holzmann, Geschäftsführerin von Dr. Hanne Seelmann Consultants, über die Probleme, Fehlwahrnehmungen und Fallstricke im geschäftlichen Umgang mit Partnern aus dem asiatischen Kulturkreis. In diesem einstündigen Kurs lernten die Teilnehmer, dass die unterschiedlichen kulturellen Prägungen und die Sozialisierung des Menschen aus frühesten Kindertagen auch im späteren Geschäftsleben meist unterschwellig den Blick auf die Welt beeinflussen und im Geschäftsalltag zu teuren Missverständnissen führen können. Mit einem adäquaten Training, welches das Verständnis für andere Kulturen und mögliche Kommunikationsprobleme schärft, seien derartige Fettnäpfchen allerdings zu vermeiden und ein effizientes Zusammenarbeiten auch in interkulturellen Teams möglich.
Nach einem kurzen Schlusswort durch Timo Prekop fand die Mitgliederversammlung statt, in der nach einem kurzen Rückblick, aktuelle Themen sowie die künftigen Projekte besprochen wurden. Zum Abschluss der Konferenz kamen die Teilnehmer bei kleinen Snacks zum Netzwerken zusammen.