Gemeinsam für mehr Nachhaltigkeit in globalen Lieferantennetzwerken

Immer mehr Unternehmen in Deutschland verpflichten sich in ihrem Handeln ökologische und soziale Standards zu befolgen. econsense – Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft stellt sich und seine Erfahrungen mit chinesischen Zulieferern vor.

Unternehmerische Nachhaltigkeit bedeutet, dass Unternehmen ihre Aktivitäten unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Auswirkungen sowie einer guten Unternehmensführung (Governance) verantwortlich betreiben. Angesichts der Komplexität und der globalen Dimension von drängenden Herausforderungen, wie
z.B. Klimawandel, Ressourcenknappheit oder Durchsetzung elementarer Menschenrechte, sind dafür Koalitionen innerhalb der Wirtschaft wie auch mit Politik und gesellschaftlichen Akteuren erforderlich.

Auf breiter Front hat die unternehmerische Nachhaltigkeit längst Einzug in die globalen Lieferantennetzwerke gehalten, denn die mit der Wertschöpfung verbundenen ökologischen und sozialen Auswirkungen entstehen nicht ausschließlich innerhalb der Werkstore. Daher können sie dort auch nicht vollständig gelöst werden.
Der steigende Anteil der Beschaffungskosten an den cost of goods sold von Unternehmen unterstreicht in vielen Branchen die Notwendigkeit, sich systematisch mit vorgelagerten Wertschöpfungsstufen auseinanderzusetzen, denn dort liegen häufig die Risiken und Chancen für die Reputation, das operative Geschäft sowie die Inno-
vationsfähigkeit und damit letztlich die finanzielle Performance des Unternehmens.

Der Umgang mit diesen erfordert eine konstruktive Zusammenarbeit entlang des Lieferantennetzwerks. Viele Unternehmen verfolgen im Rahmen ihrer Möglichkeiten seit jeher freiwillig ein nachhaltiges Lieferantenmanagement. Der von der Politik und Öffentlichkeit geforderte Grad an Verbindlichkeit und Transparenz, z.B. über Arbeits- und Umweltbedingungen im Lieferantennetzwerk, hat jedoch in jüngster Zeit deutlich zugenommen, wie die folgenden Beobachtungen exemplarisch veran-
schaulichen:

 

  • Die regulatorischen Anforderungen haben sich auf allen politischen Ebenen verschärft. So werden Unternehmen zunehmend Verantwortung und Berichtspflicht-
    en u.a. für die Beachtung von Menschenrechten in der Lieferkette (UN Guiding Principles on Business and Human Rights) oder die Abbaubedingungen von Roh-
    stoffen (z.B. US Dodd-Frank-Act) zugewiesen

  • Zivilgesellschaft und Medien sind global vernetzt und prangern tatsächliche oder vermeintliche Missstände öffentlichkeitswirksam an. Unternehmen können sich nicht mehr ausschließlich auf die „Legalität“ ihrer Aktivitäten berufen, sondern stehen unter Druck, sich durch verantwortliches Handeln auch „Legitimität“ (license to operate) und Akzeptanz in der Gesellschaft zu erarbeiten.

  • Von Kapitalgebern wird die ökologische/soziale Nachhaltigkeit der Unternehmenstätigkeit zunehmend mit der Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells in Verbin-
    dung gebracht und entsprechend honoriert, z.B. durch niedrigere Kapitalkosten.

  • Produkte, die vom Konsumenten mit hohen ökologischen und sozialen Kosten in Verbindung gebracht werden, erweisen sich zunehmend als Nachteil am Markt. Dies wirkt sich auch auf vorgelagerte Wertschöpfungsschritte aus, da bereits bei der Vorauswahl von Lieferanten darauf geachtet wird, etwaige ökologische und soziale Risiken auszuschließen

Im Mittelpunkt dieser Entwicklungen steht die Erwartung an Unternehmen, Transparenz über mögliche negative Wirkungen in der eigenen Lieferkette herzustellen und entsprechend Verantwortung zu übernehmen. Dies stellt Unternehmen und besonders deren Einkaufsabteilungen vor die Herausforderung, den Wertschöpfungspro-
zess auf Risiken hin zu durchleuchten und gemeinsam mit den Lieferanten auf die Einhaltung angemessener Standards hinzuwirken. Für viele Lieferanten bedeutet dies zunächst einmal, dass von ihnen Nachweise für die Erfüllung ökologischer und sozialer Standards verlangt werden. Entsprechende Abfragen erfolgen häufig in Form von Lieferantenfragebögen oder durch standardisierten Datenaustausch über webbasierte Plattformen, wodurch zusätzlicher Aufwand und Kosten bei den Lieferanten entstehen können.

Neben der Transparenz über den Status quo der Lieferanten geht es auch und insbesondere darum, die identifizierten Verbesserungspotenziale zu realisieren. Dabei werden sie von der econsense Projektgruppe „Nachhaltigkeit“ in der Lieferkette unterstützt. Da Asien – und insbesondere China – für viele Unternehmen einer der bedeutendsten Einkaufsmärkte ist, fokussierte sich die Projektgruppe im vergangenen Jahr auf die Lieferantenbeziehungen in dieser Region. So wurde beispielsweise im Juni 2014 gemeinsam mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ein Workshop in Peking veranstaltet, um den Mitgliedsunternehmen, den Liefer-
anten sowie Vertretern von Politik, Verwaltung und Wissenschaft eine Möglichkeit zu bieten, sich über Chancen und Herausforderungen von Nachhaltigkeitsmanage-
ment entlang globaler Lieferketten auszutauschen.

Dabei wurden u.a. die folgenden Faktoren für erfolgreiche und verantwortungsvolle Lieferantenbeziehungen identifiziert:

  • Das einkaufende Unternehmen muss eine überzeugende Nachhaltigkeits-/ CR-Kultur mit Unterstützung durch die oberste Führungsebene aufweisen, um eine Vorbildfunktion in der Lieferkette einzunehmen und Mindeststandards glaubwürdig einzufordern.

  • Nachhaltigkeit muss systematisch und eng in den „konventionellen“ Einkauf und das Supply Chain Management des einkaufenden Unternehmens eingebunden werden.

  • Zudem muss die Vorgabe und Kontrolle entsprechender Standards für Lieferanten durch Trainingsangebote und gemeinsame Prozessoptimierungen ergänzt werden.

Mit derartigen integrierten und partnerschaftlichen Ansätzen wurden bisher zahlreiche erfolgreiche Lieferantenbeziehungen in China aufgebaut. Der Schlüssel dabei sind Angebote an Lieferanten, die einen direkten Zusammenhang zwischen der Verbesserung umwelt-, mitarbeiter- oder gesellschaftsbezogener Auswirkungen und Effizienzsteigerungen/Kostensenkungen aufweisen und eine längerfristige Partnerschaft in Aussicht stellen. Sicherzustellen ist dabei jedoch die branchenweite und internationale Anschlussfähigkeit der Maßnahmen – schließlich muss ein Lieferant i.d.R. die Anforderungen zahlreicher großer Kunden gleichzeitig erfüllen.

Das Interesse unter den chinesischen Lieferanten der econsense-Mitgliedsunternehmen, Optimierungsprojekte mit Nachhaltigkeitsbezug gemeinsam mit deutschen/
multinationalen Geschäftspartnern durchzuführen, ist größer denn je. Denn es sind nicht länger nur die westlichen Partner, die über Umweltschutz und Sozialstandards sprechen. Auch in China selbst wurden in jüngster Zeit die Transparenzanforderungen verschärft. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Arbeit getan ist. In vielen Bereichen stehen die Unternehmen noch am Anfang, und es ist noch viel Überzeugungsarbeit entlang der Lieferketten zu leisten.

Alle Zeichen deuten aber darauf hin, dass sich Lieferantenbeziehungen in China in Zukunft dynamisch weiterentwickeln werden und Nachhaltigkeit darin eine zunehmend prominente Rolle spielen wird.

econsense – Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft e. V.

econsense, Forum Nachhaltige Entwicklung der Deutschen Wirtschaft e.V., wurde bereits im Jahr 2000 auf Initiative des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) als zentrale Plattform für Nachhaltigkeit und Unternehmensverantwortung in Deutschland gegründet und umfasst aktuell über 30 multinationale Mitgliedsunternehmen. Kernaufgabe von econsense ist die Unterstützung der betrieblichen Umsetzung von Nachhaltigkeit durch Projekte mit den Mitglieds-
unternehmen sowie Partnern entlang der Lieferkette. Im Fokus stehen so unterschiedliche Themenfelder wie Transparenz und Nachhaltigkeitsbericht, Biodiver-
sität, Ressourceneffizienz, Demografischer Wandel und Wirtschaft und Menschenrechte, in denen ein gemeinsames Verständnis abgestimmt, Komplexität reduziert und bei Bedarf gemeinsame Orientierungshilfen oder Leitlinien entwickelt werden.

 

 

 

Dr. Karsten Schröder

Dr. Karsten Schröder arbeitet seit 2012 in der econsense Geschäftsstelle und verantwortet dort u.a. die Themen „Nachhaltigkeit in der Lieferkette“ und „Transparenz und Nachhaltigkeitsreporting“.

 

k.schroeder@econsense.de

www.econsense.de